Die Industrie ist einer der größten CO2-Emittenten weltweit. Bei der Herstellung von Stahl entstehen allein bei thyssenkrupp rund 2,5 Prozent der CO2-Emissionen von Deutschland. Die globale Zementproduktion ist für rund acht Prozent der CO2-Emissionen weltweit verantwortlich. Doch was, wenn man die Prozessgase aus diesen Produktionsprozessen nicht einfach in die Luft bläst, sondern in wertvolle Chemikalien umwandelt? Das ist die Vision des Forschungszentrums Carbon2Chem®, das seit 2016 an innovativen Lösungen für eine klimaneutrale Industrie arbeitet.
An dem Gesamtprojekt Carbon2Chem® sind über 20 Partner aus Wissenschaft und Industrie beteiligt. Gefördert wird es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. thyssenkrupp Carbon2Chem organisiert maßgeblich den Austausch zwischen den beteiligten Partnern wie zum Beispiel verschiedenen thyssenkrupp Gesellschaften und Forschungsinstituten wie dem Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion und der Fraunhofer-Gesellschaft UMSICHT.
Das Projekt ist in mehrere Förderphasen gegliedert, die jeweils mehrere Jahre dauern. In der ersten Phase lag der Fokus auf der Entwicklung und Erforschung geeigneter Verfahren und Schlüsseltechnologien sowie dem Aufbau eines Versuchszentrums in Duisburg. In der zweiten Phase sollten Langzeitversuche umgesetzt werden und die Skalierung sowie die Integration der Technologien in einen industriellen Maßstab erfolgen. Aktuell befindet sich das Projekt in der Vorbereitung für die dritte Phase.
In der ersten Phase des Projekts Carbon2Chem® ging es darum, die Machbarkeit und Effizienz der Technologien zur CO2-Verwertung zu demonstrieren. Dazu wurde ein Forschungszentrum in Duisburg errichtet, das an eine Hochofenanlage von thyssenkrupp angeschlossen ist. Das Forschungszentrum verfügt über verschiedene Anlagen zur Abgasreinigung, Wasserelektrolyse, Synthesegasproduktion und -veredelung.
In mehreren Experimenten konnten die Projektpartner zeigen, dass die verschiedenen Prozessschritte erfolgreich gekoppelt werden können und dass die erzeugten Chemikalien den Qualitätsstandards entsprechen. Die erste Phase des Projekts Carbon2Chem® lief von 2016 bis 2020 und wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 60 Millionen Euro gefördert. Die Ergebnisse dieser Phase bilden die Grundlage für die weitere Entwicklung und Skalierung der Technologien in der zweiten Phase.
In der zweiten Phase des Projekts Carbon2Chem®, die 2020 begonnen hat, sollte die Technologie zur CO2-Verwertung auf einen industriellen Maßstab übertragen werden. Dazu wurde unter anderem eine Demonstrationsanlage für ein Zementwerk von HeidelbergCement in Hannover gebaut, die das Abgas aus dem Brennofen als Rohstoffquelle nutzt. Die Demonstrationsanlage sollte zeigen, dass die Technologie auch unter realen Bedingungen funktioniert und wirtschaftlich rentabel ist.
Die zweite Phase des Projekts Carbon2Chem® wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 84 Millionen Euro gefördert. Das Ziel dieser Phase war, die Technologie zur Marktreife zu bringen und die Voraussetzungen für eine breite Anwendung in der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie zu schaffen.
Anfang 2025 ist die dritte Phase des Projekts Carbon2Chem® gestartet, nachdem das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Fördermittel von 50 Millionen Euro bewilligt hat. In dieser Phase liegt der Fokus auf der industriellen Umsetzung der bisherigen Ergebnisse, um die CO₂-Verwertungstechnologie in verschiedenen Industriezweigen anzuwenden und weiter zu optimieren.
In der dritten Phase soll verstärkt auf diese veränderten Bedingungen eingegangen werden. Dazu gehört die anwendungsbezogene Verifizierung der gefundenen Lösungen, die Anpassung für Gase der Direktreduktion im Stahlbereich sowie die umfassende Untersuchung der Qualität von Methanol und Wasserstoff – sowohl bei der Herstellung als auch bei der Speicherung. Dazu wird eine neue Generation von Elektrolyseuren entwickelt. Zudem wird die Produktion ausgebaut: Die Wertschöpfungsketten werden in Richtung nachhaltiger Flugkraftstoffe erweitert.
Das Projekt hat für die dritte Phase erneut hochkarätige Partner gewonnen: BASF, EY Consulting GmbH, die Fernuniversität Hagen und die Universität Duisburg-Essen verstärken das Konsortium. Diese Kooperationen stärken das Projekt und fördern die Entwicklung innovativer Lösungen für eine nachhaltige Industrie.
Nachhaltige Luftfahrtkraftstoffe (SAF) sind alternative Kraftstoffe für Flugzeuge, die beispielsweise aus Abgasen hergestellt werden können. thyssenkrupp Uhde baut im Rahmen des Projektes Carbon2Chem® eine Pilotanlage zur Herstellung von nachhaltigen Luftfahrtkraftstoffen aus Produktionsabgasen auf.
Das innovative polysius® pure oxyfuel Verfahren von thyssenkrupp Polysius ermöglicht die Abscheidung von CO2 bei der emissionsintensiven Zementproduktion. Das Projekt Carbon2Chem® verbindet die CO2-Abscheidung bei der Zementproduktion mit der Chemikalienherstellung und schafft eine innovative Wertschöpfungskette.
thyssenkrupp nucera erzeugt grünen Wasserstoff aus erneuerbarem Strom durch Wasserelektrolyse. Der Wasserstoff kann mit CO2 zu Synthesegas reagieren oder anders genutzt werden. Im Rahmen des Projektes Carbon2Chem® zeigt thyssenkrupp nucera, wie die Elektrolyse die Industrie grüner machen kann.